Also, die Frage am Ende des ersten Teils lautete: Wie isses nu –
gibt’s ein Karma, das uns ereilt, und dem wir mehr oder weniger hilflos
ausgeliefert sind, als Ergebnis oder Sühne früherer Leben, oder haben
wir wirkliche Macht über unser Leben durch unsere Gedanken, deren
Qualität sich dann in unserer erlebten Wirklichkeit widerspiegelt?
Meine höchstpersönliche Idee, die sich im Laufe meines bisherigen
Lebens, meiner Erfahrungen und der Lehren, die ich empfangen habe,
herauskristallisiert hat ist – beides stimmt!
Jawohl, beides stimmt. Zumindest meiner Meinung nach.
Denn im Laufe eines Lebens, und zwar mindestens des einen, das wir
bisher durchlebt haben, vielleicht aber auch vieler früherer, haben wir
zahllose Erfahrungen gemacht und Entscheidungen getroffen, sind endlose
Verpflichtungen und Bindungen eingegangen, haben Versprechen und
Verträge wieder gelöst oder gebrochen, haben die Wahrheit gelebt oder
gelogen, haben uns gefreut, waren traurig, wütend, hoffnungslos, fühlten
uns stark und schuldig... Und all das hat seine Konsequenzen, denn die
Seele erinnert sich, und auf der energetischen Ebene sind all unsere
Erfahrungen und Entscheidungen gespeichert, dort sind Spuren
hinterlassen.
Denken wir beispielsweise dabei an die vielen Ehen, die geschieden
werden. Ich will das übrigens nicht verurteilen! Keinesfalls! Es geht
mir hier nur um die Idee, wie es die Seele sieht – ist ein geschiedener
Mensch jemals wieder richtig frei, oder bleibt die Bindung zum ersten
Partner, das gegebene Versprechen, auf energetischer Ebene ganz subtil
und einschränkend bestehen?
Wie sieht die Seele dies aus der Perspektive der Zeitlosigkeit?
Wie ist es, wenn wir jemanden belügen oder gar betrügen? Ich glaube,
niemand tut das wirklich gerne und aus freien Stücken, sondern wir tun
es, weil wir uns einen gewissen Vorteil davon versprechen, wie auch
immer dieser aussehen mag. Wenn wir mit einer Lüge oder einem
Vertrauensbruch jemandem schaden, wird die Seele das wissen und leiden –
mindestens unbewusst, und auch dann, wenn unser Hirn engagiert daran
arbeitet, uns von den Schuldgefühlen zu befreien und Ausreden zu finden.
Und gar nicht zu reden von schlimmeren Verletzungen, die wir anderen
zugefügt haben, mag die Situation auch noch so schwer und kompliziert
gewesen sein.
Ich bin sicher, die Seele ist unbestechlich, und sie weiß. Auf
dieser Ebene gibt es keine Ausreden, keine intellektuellen
Haarspaltereien, es zählen auch nicht menschliche Gesetze und
Verordnungen, sondern reines tiefes Wissen um Richtig und Falsch aus dem
Blickwinkel höherer Weisheit und Liebe.
Meiner ganz persönlichen Meinung nach entstehen also aus der
Diskrepanz dessen, was die Seele sieht und weiß und dem, was wir im
Alltag, oft halb unbewusst, tun, für uns wirklich unerwünschte
Resultate. Wir leben mit unbewusstem schlechten Gewissen, mit
fortbestehenden uralten Bindungen, mit eingegangenen Verträgen, mit
Versprechen und Schwüren, mit unwiderruflich gezogenen Schlußstrichen –
und sind gefangen. Wir können nicht mehr frei sein und es sind eben
nicht mehr alle Wege offen. Die alten Bindungen und Erfahrungen werden
zu Fesseln, sie zwingen uns ausgetretene Wege auf, die uns im Kreis
herum führen; es entstehen Mauern, die die Sicht auf bessere
Möglichkeiten versperren - und so sind auch letztlich unsere Gedanken
nicht mehr frei. Selbst die Gedanken, im Grunde unendliche Vielfalt,
alle Möglichkeiten, völlige, unbegrenzte Freiheit, laufen in Rillen wie
auf einer Schallplatte.
Das glauben Sie nicht? Haben Sie mal versucht, ihre Gedanken zu
beobachten? Wer träumt denn bitte wirklich völlig schrankenlos? Wer
ersinnt wirklich neue Welten, neue Leben, das bisher nicht gesehene und
nie gedachte? Erträumen wir nicht eher das, was der Nachbar hat, bloß
noch ein bisschen besser? Und im Falle einer Depression, welche ja ein
echtes Gedankengefängnis ist, geht gar nichts mehr, die Gedanken laufen
wie vorprogrammiert in tiefen Furchen, in engsten Kreisen, hinter hohen
Mauern, und vielleicht auch noch durch die Finsternis.
Ich frage also nochmal: Wer ist wirklich kreativ? Wer denkt wirklich
frei, voller Freude im gegenwärtigen Moment verankert, unbelastet von
der Vergangenheit, frei von Sorgen um die Zukunft?
Und genau das ist Karma, es ist dieses Gefangensein selbst unserer
schöpferischen Gedanken. Karma ist nichts, was uns zustößt – es ist
etwas, das wir auf einer tiefen Ebene akzeptiert haben, und etwas, das
für uns Sinn macht. Es ist auf subtiler, feiner, energetischer Ebene die
Summe all dessen, was wir getan und entschieden haben, plus der
Versuch, manche Sachen wieder ins Lot zu bringen. Es ist Ehrlichkeit
pur. Weil unsere Seele unbestechlich ist, sich erinnert und weiß und in
der Zeitlosigkeit existiert.
Ich persönlich glaube auch, daß im Bezug auf Karma auch die
Planetenkräfte ins Spiel kommen, welche uns zum Zeitpunkt unserer Geburt
schon auf eine bestimmte Bahn lenken, und die uns immer wieder
mit unseren Themen konfrontieren und uns erinnern, damit wir die Fesseln
lösen können. Und ich glaube, daß es unendliche Klugheit, Erfahrung
und auch Weisheit erfordert, die Sprache der Sterne wirklich entziffern
zu können. Meinen Respekt all jenen, die das beherrschen! Ja, und auch
meinen Dank an allen, die mir bisher geholfen haben, in den Sternen zu
lesen und mir zu helfen, die ausgetretenen Pfade hinter mir zu lassen.
Noch nicht alle – aber schon einige!
Und so kommen wir demnächst zum dritten Teil des Kapitels, in dem
ich erzählen werde, was mir geholfen hat, einen Teil meines Karmas
aufzulösen. Weil ich es einfach leid war, die uralten Lasten weiter zu
schleppen, mich noch länger in Kreisen zu bewegen, und weil ich
schrecklich müde war.
Also, bis dann!
Mirabai